Letzter Tag, klare Worte: Roland Schmelzeisen über Einzelhandel, Abschied und neue Wege

Über 70 Jahre gab es Juwelier Schmelzeisen in Oberwesel in der Rathausstraße. Roland führte das Geschäft mehr als 34 Jahre lang, in zweiter Generation. Wir treffen ihn kurz vor dem letzten Tag in seinem Geschäft und sprachen mit ihm darüber, wie man damit anfängt, aufzuhören, wie man ein guter Chef sein kann und was ihn zukünftig beschäftigen wird. Roland war im Vorstand des UfO, damals noch OGV, von 2005 bis 2018. Juwelier Schmelzeisen schließt zum 30. April 2025. 

Wir vom UfO wünschen Roland und seinen Mitarbeiterinnen alles Gute für den neuen Abschnitt und möchten auch an dieser Stelle einen herzlichen Dank aussprechen, nicht nur für den ehrenamtlichen Einsatz im UfO, sondern auch für den Einsatz für die Stadt Oberwesel. Roland unterstützt zum Beispiel seit Jahrzehnten die Oberweseler Weinhex‘ und die Mittelrhein-Weinhoheiten mit handgefertigtem Schmuck. 

Sein Engagement war immer inspirierend und eine echte Bereicherung. 


Interview mit Roland Schmelzeisen

Dein geordneter Ausstieg

UfO: lieber Roland, wie läuft dein Abschiedsprozess ab?

Roland: Ich schätze, ich brauche noch etwa ein halbes Jahr, um alles sauber abzuschließen: Werkstatt auflösen, Restbestände verkaufen, offene Reparaturen entweder selbst fertigzustellen oder weiterzugeben. Ich möchte alles in Ruhe und mit Muße regeln. Das, was ich behalten will, packe ich ein – den Rest gebe ich in gute Hände.

UfO: Und zwischendurch planst du für dich Wander-Auszeiten?

Roland: Ja genau. Ich hab mir vorgenommen, immer mal wieder eine Woche rauszugehen – zum Wandern in den Schwarzwald oder auf den Luxemburger Fernwanderweg. So kann ich frische Energie tanken und dann wieder weiterarbeiten.


2. Deine Sicht auf den Einzelhandel in Oberwesel

UfO: Du warst viele Jahre im Vorstand aktiv. Wie siehst du die Entwicklung von Oberwesel?

Roland: Viele im Gewerbeverein – inklusive mir – haben immer gedacht, dass man den klassischen Einzelhandel hier stärker hätte fördern müssen. Als ich 1991 kam, war Oberwesel zwischen Bingen und Boppard führend. Statt früh auf kleine Unternehmen zu setzen, hat man zu sehr aufs Industriegebiet gesetzt. Hätte man vor 40 Jahren zweigleisig gedacht – Innenstadt plus Gewerbegebiet – stünden wir heute deutlich besser da.

UfO: Welche Chancen siehst du heute für den Einzelhandel in kleinen Orten?

Roland: Wer auf Qualität, guten Service und Nachhaltigkeit setzt – also repariert statt wegwirft – hat hervorragende Chancen. Nicht Masse, sondern Klasse bringt langfristigen Erfolg. Und mit einem starken Online-Angebot, wie es unser Vorsitzender Franziskus Weinert aufgebaut hat, muss man sich vor kaum etwas fürchten.


3. Dein Rat für Gründer und Ausblick

UfO: Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, der in deinem Metier heute selbstständig werden will?

Roland: Mir würden vier Dinge einfallen, die mir selbst auch immer wichtig waren: 

  • Leidenschaft: Mach nur das, wofür du brennst.
  • Authentizität: Folge nicht jedem Trend, sondern finde deine eigene Linie.
  • Vernetzung: Such dir im Gewerbeverein oder in Erfa-Gruppen Sparringspartner, die dich unterstützen. Sei offen für ehrliche Kritik.
  • Mitarbeiter: Sei ein guter Chef – mit guten Mitarbeitern hast du die halbe Miete.

UfO: Und Hand aufs Herz: Was planst du ab Mai, wenn dein Ladenlokal für immer geschlossen ist?

Roland: Ich werde keine Langeweile haben, sondern wandern, mich um Haus und Garten kümmern und ein paar Dinge nachholen, für die in den letzten Jahren kaum Muße war. Mich locken ein paar Fernwanderwege und ich würde gerne mein Zuhause mit einer besseren Vernetzung ausstatten. Mich da rein zu tüfteln, darauf freue ich mich schon.